Sprach- und Integrationsmittler

Diese zweite Säule des Drei-Säulen-Programms SKM zielt auf die bundesweite staatliche Anerkennung des Berufsbildes Sprach- und Integrationsmittler. Sowohl der Bedarf an sprachlicher und soziokultureller Vermittlung als auch die Notwendigkeit, interkulturelles Potenzial als Qualifikationen für den Arbeitsmarkt zu erschließen, haben zur Ausgestaltung des Berufsbildes Sprach- und Integrationsmittler motiviert. Das Berufsbild wurde im Rahmen der bundesweiten Arbeitsgruppe (BAG) zur „Etablierung des Berufsbildes zum Sprach- und Integrationsmittlers“ unter Leitung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von verschiedenen Akteuren initiiert.

Fortbildung/ Qualifizierung zum Sprach- und Integrationsmittler

Die Fortbildung bzw. Qualifizierung zum Sprach- und Integrationsmittler wird seit 2009 nach den im Rahmen der Bundesarbeitsgruppe „Etablierung des Berufsbildes zum Sprach- und Integrationsmittler“ entwickelten bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards und (Qualifizierungs-/Fortbildung-)Kriterien mit unterschiedlichen Kurzbezeichnungen wie SprInt, SuI oder SIM in verschiedenen Bundesländern angeboten. Die Qualifizierungsdauer variiert von 12 bis 24 Monaten in Teil- und Vollzeit (ca. 2.000 Unterrichtseinheiten). Das Curriculum ist stetig von verschiedenen Expertengruppen weiterentwickelt und den neuen Bedarfen an Tätigkeitsfeldern angepasst worden. Manche Bildungsträger kooperieren bei den Abschlussprüfungen mit Hochschulen oder Universitäten bzw. Universitätskliniken.

Berufsbild Sprach- und Integrationsmittler

Zertifizierte Sprach- und Integrationsmittler stehen für professionelles Dolmetschen (Konsekutiv- und Verhandlungsdolmetschen) und soziokulturelles Vermitteln. Ihre interkulturellen Kompetenzen befähigen sie darüber hinaus zur Ausübung von weiteren Tätigkeiten im Integrationsbereich. Der Beruf des Sprach- und Integrationsmittlers richtet sich an alle Menschen mit Migrationserfahrung, weil dieser auf Ressourcen wie Mehrsprachigkeit, Migrationshintergrund bzw. Fluchterfahrung oder auf Erfahrungen im Ausland oder in der Integrationsarbeit zurückgreift. Zwischen Zugewanderten und hiesigen Fachkräften treten oftmals Sprachbarrieren oder soziokulturelle Missverständnisse bei der Inanspruchnahme medizinischer Versorgung, bei der Betreuung, Begleitung oder Beratung auf. Der Beruf des Sprach- und Integrationsmittlers reagiert auf diesen Bedarf und gewährleistet eine reibungslose Verständigung. Sprach- und Integrationsmittler fördern zudem durch ihre fachlichen, kommunikativen und soziokulturellen Kompetenzen die interkulturelle Öffnung unserer Gesellschaft.

Sprach- und Integrationsmittler in Abgrenzung zu sozialen Berufsbildern

In allen gesellschaftlichen Bereichen, so auch im beruflichen Zusammenhang, bei Behörden und bei Beratungs- und Versorgungsstrukturen, treffen zuweilen Menschen unterschiedlicher kultureller Sozialisation aufeinander und müssen miteinander kommunizieren und sich verständigen.

Zumeist sind die Rollen klar definiert, doch manchmal können hier auch Unsicherheiten auftreten. Im Folgenden sollen verschiedene professionelle Akteure mit ihren Funktionen und Qualifikationen im sozialen Bereich vorgestellt werden. Ziel ist eine möglichst transparente Gegenüberstellung bzw. ein Vergleich, um über die unterschiedlichen Tätigkeiten der Akteure zu informieren und diese darzustellen.

Der vorliegende Überblick behandelt die Berufsbilder Sprach- und Integrationsmittler:innen, Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen sowie Sozialassistent:innen bzw. Sozialbetreuer:innen.

Sprach- und Integrationsmittler:innen

Zertifizierte Sprach- und Integrationsmittler:innen qualifizieren sich in 12- bis 18-monatigen Maßnahmen, welche seit 2009 bundeseinheitlichen Qualitätsstandards entsprechen, mit rund 2.000 Unterrichtseinheiten. Sie sind fortgebildet für die Ausübung von Tätigkeiten unterschiedlicher Ausprägung im Bereich der Sprach- und Kulturmittlung. Dabei handelt es sich einerseits um die klassische Sprach- und Kulturmittlung und andererseits um eine breiter ausgelegte Tätigkeit als Integrations(fach)kraft mit dem Fokus auf Interkulturalität.

Im Bereich der klassischen Sprach- und Kulturmittlung schaffen Sprach- und Integrationsmittler:innen bei Verständigungsschwierigkeiten Zugänge zwischen fremdsprachigen Patient:innen/ Klient:innen und Fachkräften als Grundlage für eine vertrauensvolle Kommunikation.

Sie erkennen Kommunikationsstörungen und intervenieren angemessen. Dabei verbinden sie professionelles Konsekutivdolmetschen mit soziokulturellem Vermitteln, d.h. einerseits dolmetschen sie fachspezifisch, transparent und allparteilich und andererseits analysieren sie Gesprächssituationen, um kommunikative Missverständnisse zu erfassen und in diesem Fall wertfrei und kultursensibel soziokulturelles Hintergrundwissen oder länderspezifische Unterschiede der Versorgungsstrukturen zu erläutern.

Im Bereich Interkulturalität sind Sprach- und Integrationsmittler:innen überdies befähigt, als Integrations(fach)kraft zu arbeiten, indem sie in der Arbeit mit Migrant:innen und Flüchtlingen diese soziokulturell betreuen, soziokulturell begleiten und/oder soziokulturell beraten. Immer geht es dabei um die allparteiliche bzw. wertfreie Erläuterung von soziokulturellem Hintergrundwissen, Sprach- und Integrationsmittler:innen übernehmen also auch hier eine Vermittlungsfunktion. In der Fortbildung lernen sie, ihre eigene Lebens- und Migrationsgeschichte zu abstrahieren, um allparteilich zu agieren.

Beim Einsatz von Sprach- und Integrationsmittler:innen stehen je nach Settingsituation unterschiedliche Aufgaben im Vordergrund, beispielsweise:

  • Beim Heranziehen in einer klassischen Settingsituation (Sprach- und Kulturmittlung) aufgrund beidseitiger Verständigungsschwierigkeiten geht es um das Dolmetschen und die Vermittlung von soziokulturellem Hintergrundwissen gegenüber der Fachkraft und dem Zugewanderten → Kultursensibles Vermitteln/ Sensibilisieren/ Aufklären/ Informieren
  • Bei Einsätzen ohne Anwesenheit einer Fachkraft liegt der Fokus in der soziokulturellen Begleitung und Betreuung fremdsprachiger Klient:innen nach entsprechender Vorabeinweisung seitens der Fachkraft → Kultursensible Begleitung und Betreuung
  • Wenn der:die Sprach- und Integrationsmittler:in die Fachkraft bei einem Einsatz begleitet, übernimmt der:die Sprach- und Integrationsmittler:in eine → Kultursensible Assistenzfunktion
  • Wenn Fachkräfte (Pädagog:innen, Polizeiliche Ansprechpartner:innen etc.) sich untereinander besprechen, werden Sprach- und Integrationsmittler:innen als soziokulturelle Berater:innen tätig → Kultursensible Beratung

Die Einsatzfelder umfassen u.a. die Bereiche Gesundheit, Bildung und Soziales, aber auch beispielsweise (Psycho)Therapie oder Kriminalprävention, immer dann, wenn kulturelle Aspekte eine relevante oder das Gesprächsergebnis beeinflussende Rolle spielen (können).

Abgrenzung zu Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen

Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen qualifizieren sich durch ein Studium an einer Hochschule bzw. Fachhochschule und tragen nach ihrem Abschluss den entsprechenden staatlich anerkannten Titel. Sie sind in der Prävention und Bewältigung sozialer Probleme, vor allem in Krisensituationen tätig. Sie unterstützen Menschen und Gruppen, beraten, informieren, fördern und begleiten diese. Während der Fokus bei Sozialpädagog:innen vom Ansatz her auf den Bereichen Erziehung und Bildung liegt, ist der Wirkungsbereich von Sozialarbeiter:innen gewöhnlich etwas breiter und generalistischer angelegt. Die Arbeit von Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen ist teilweise aufsuchender Art, aber auch Interventionen in Krisensituationen und bei Vorliegen von Multiproblematiken sind üblich.(1)

Sprach- und Integrationsmittler:innen können einerseits klassisch im Bereich der professionellen Sprach- und Kultur- bzw. Integrationsmittlung für Sozialpädagog:innen/Sozialarbeiter:innen tätig sein und andererseits als sog. Integrations(fach)kräfte eingesetzt werden.

Im letzteren Fall arbeiten Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen in Fachkräfteteams mit Sprach- und Integrationsmittler:innen zusammen, wenn sie ihre fremdsprachigen Klient:innen, Kund:innen und Patient:innen zieleffizient erreichen möchten. Sie leiten die Sprach- und Integrationsmittler:innen beim praktischen Einsatz im Sozialbereich an und greifen auf deren soziokulturelle Beratungs- und Vermittlungskompetenzen zurück.

Im Unterschied zu der sozialpädagogischen/-arbeiterischen Beratung, Begleitung und Betreuung beinhaltet dies bei Sprach- und Integrationsmittler:innen in der Tätigkeit als Integrations(fach)kraft rein die Beratung zu soziokulturellen Inhalten und die Vermittlung von interkulturellem bzw. soziokulturellem Hintergrundwissen. Sie unterstützen die Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen in ihrer Arbeit mit der Zielgruppe Flüchtlinge und Migrant:innen in Bezug auf das Verständnis soziokultureller Unterschiede in der (Non-Verbalen)Kommunikation, in den unterschiedlichen Erwartungshaltungen, im geschlechtsspezifischen Rollenverständnis, bei religiösen Fragestellungen usw. und gewährleisten somit eine unmissverständliche und dadurch zielführende Kommunikation. Sprach- und Integrationsmittler:innen unterstützen Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen in Beratungssituationen hauptsächlich, wenn es kultursensible und sprachliche Aspekte betrifft.

Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen agieren für gewöhnlich parteilich und üben keine Vermittlungsfunktion aus.

Abgrenzung zu Sozialassistent:innen, Sozialbetreuer:innen, Sozialhelfer:innen, Alltagsbetreuuer:in

Sozialassistent:innen werden vereinzelt auch Sozialhelfer:innen genannt und haben eine meist zweijährige Ausbildung an einer Berufsfachschule absolviert. Die Ausbildung ist landesrechtlich geregelt und führt zu verschiedenen Abschlussbezeichnungen, wie z.B. staatlich geprüfte:r Sozialassistent:in, staatlich anerkannte:r Alltagsbetreuer:in oder staatlich geprüfte:r Sozialbetreuer:in. Sozialhelfer:innen übernehmen vielfältige Hilfestellungen bei der Betreuung, Versorgung und Förderung der sozialen Teilhabe von Personengruppen, deren Lebenssituation durch Krankheit, Behinderung, Alter oder schwierige soziale Lebenslagen gekennzeichnet sind. Im Tätigkeitsprofil bilden gesundheitsfördernde, sozialpädagogische und sozialpflegerische Handlungen sowie hauswirtschaftliche Versorgung Schwerpunkte. In allen Arbeitszusammenhängen arbeiten Sozialhelfer:innen auf Anweisung und zur Unterstützung von Fachkräften.(2) Es besteht eine gewisse Vergleichbarkeit zur Assistenzfunktion der Sprach- und Integrationsmittler:innen. Entscheidender Unterschied ist jedoch, dass Sprach- und Integrationsmittler:innen anders als die hier genannten Berufsbilder eine Vermittlungsfunktion innehaben und fachspezifische soziokulturelle und kommunikative Kompetenzen anwenden, wenn sie zwischen zugewanderten Menschen und den Regeldiensten vermitteln.

Übersicht Tätigkeiten

  Sprach- und Integrationsmittler  

Sozialarbeiter  

Sozialpädagoge  

Sozialassistent  

Sozialhelfer  

Sozialbetreuer  

Tätigkeiten      
Konsekutivdolmetschen X    
Vermitteln X    
Soziokulturelles Vermitteln X    
Soziokulturelles Informieren X    
Beratung   X  
Soziokulturelle Beratung X    
Betreuung   X X
Soziokulturelle Betreuung X    
Begleitung   X X
Soziokulturelle Begleitung X    
Assistenz     X
Soziokulturelle Assistenz X    
Konfliktmanagement   X  
Soziokulturelles Konfliktmanagement X    
Mediation   X  
Soziokulturelle Mediation X    
Krisenintervention   X  
Soziokulturelle Krisenintervention X    

1 Nach Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (2009): Berufsbild für Sozialarbeiter/innen und Sozialpädagog/innen. Januar 2009. URL: www.dbsh.de/media/dbsh-www/downloads/Berufsbild.Vorstellung-klein.pdf [Zugriff: 18.08.2021].

2 Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (o.J.): Staatlich geprüfte Sozialhelferin/ Staatlich geprüfter Sozialhelfer und mittlerer Schulabschluss (Fachoberschulreife). URL: www.berufsbildung.nrw.de/cms/upload/_lehrplaene/b/lp-sozialhelfer.pdf [Zugriff: 18.08.2021].

Einsatzfelder Sprach- und Integrationsmittler

Der Beruf des Sprach- und Integrationsmittlers kann mit unterschiedlichen Schwerpunkten ausgeübt werden. Zum einen werden zertifizierte Sprach- und Integrationsmittler zum professionellen Dolmetschen und soziokulturellen Vermitteln eingesetzt.  Zum anderen sind Sprach- und Integrationsmittler aufgrund ihrer interkulturellen Kompetenzen als sogenannte Integrations(Fach)kräfte gefragt. Hier übernehmen sie Aufgaben der interkulturellen Begleitung, Beratung und Assistenz, aber auch die Leitung und Koordination von Aktivitäten bzw. Projekten im Bereich der Migration, Asyl und Integration oder Lehrtätigkeiten.

Zertifizierte Sprach- und Integrationsmittler werden in den Bereichen Medizin, (Psycho-)Therapie, Bildung, Soziales, Prävention und Sicherheit eingesetzt.

Berufsbildentwicklung Sprach- und Integrationsmittler

Das Berufsbild zum Sprach- und Integrationsmittler wurde im Rahmen der bundesweiten Arbeitsgruppe (BAG) zur „Etablierung des Berufsbildes zum Sprach- und Integrationsmittlers“ unter Leitung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und den Akteuren der Wissenschaftsstadt Darmstadt, dem Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V., der Diakonie Wuppertal, dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und der bikup gemeinnützigen GmbH initiiert.

In einem mehrstufigen Prozessverfahren sind der Bedarf und die Arbeitsmarkterschließung von Sprach- und Integrationsmittlern im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich in verschiedenen Bundesländern erfasst worden. Auf dieser Basis wurden die bildungspolitischen Eckdaten für die Fortbildung erarbeitet und die Klärung der Finanzierungsfrage konkretisiert. Die im Rahmen des Verfahrens erarbeitete Fortbildungsordnung für Sprach- und Integrationsmittler wurde beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) eingereicht. Momentan liegt der Antrag auf Anerkennung beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), welches für die weitere Prüfung noch Ausarbeitungen und Darstellungen erbeten hat. Die Erfüllung dieser Vorgaben soll durch die Fachstelle in Zusammenarbeit mit anderen Trägern der Sprach- und Integrationsmittlung vorangebracht werden.

Staatliche Anerkennung Sprach- und Integrationsmittler

Der Fokus der zweiten Säule des Drei-Säulen-Programms SKM liegt auf der staatlichen Anerkennung des Berufsbildes Sprach- und Integrationsmittler. Dieser Prozess erfolgt in Zusammenarbeit mit Trägern, die in diesem Bereich nach dem bundesweit einheitlichen Curriculum qualifizieren wie auch Sprachmittlerpools, die zertifizierte Sprach- und Integrationsmittler vermitteln.

Die Fachstelle SprachQultur führt auf Bundesebene Gespräche mit Entscheidungsträgern zur Etablierung dieses Berufsbildes. Die dafür erforderliche Vorbereitung sowie die Ausarbeitung notwendiger Dokumente erfolgen unter Mitwirkung des Expertengremiums der Fachstelle SprachQultur und in Zusammenarbeit mit weiteren Unterstützern der Etablierung des Berufsbildes Sprach- und Integrationsmittler.